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              | Date: 2001-04-23 
 
 Globaliter: Die neue Ueberwachungsordnung-.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.-
 
 Sehr viel von dem, was Gerhard Schmid, Berichterstatter des
 Untersuchungsausschusses des Europaparlaments in einem
 bemerkenswerten Interview  mit Christiane Schulzki-Haddouti
 vom Stand der Erkenntnisse bezüglich dessen äußert, was
 ECHELON *nicht*, nicht mehr kann, oder nie konnte -  das
 findet frappierende direkte Antworten in den ETSI-Standards.
 
 Wer über die geographisch/technisch  bedingten
 Abfangmöglichkeiten von ehedem und deren Veränderungen
 im TCP/IP Zeitalter länger meditiert, wird sich über eine neue
 Welt/überwachungs/ordnung wundern, die sich an gar nicht
 so fernen Horizonten plötzlich strukturiert.
 
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 ....
 Wie sieht es mit der leitungsgebundenen Kommunikation
 aus?
 
 Gerhard Schmid: Kabelgebundene Kommunikation lässt sich
 nur dann abhören, wenn man physischen Zugang zum Kabel
 hat. Beim Echelon-Staat USA reduziert sich dies auf die
 Verbindungen, die in die USA hinein- und wieder
 herauskommen, da hier die NSA ran darf. Es reduziert sich
 auf das, was bei Großbritannien rein- und rausgeht, weil das
 General Communications Headquarter an diese Leitungen
 ran darf. Und es reduziert sich auf das, was alles in
 Neuseeland und Australien ankommt. Früher war dies bei
 den Telegraphenleitungen wichtig, weil man sofort wegen der
 Zwischenverstärker aus dem Wasser gegangen ist, sobald
 man die Möglichkeit dazu hatte. Deshalb hat man im
 pazifisch-asiatischen Raum alle Kabel über Neuseeland und
 Australien gelegt.
 
 Da man zur Zeit der Kupferaxialkabel möglichst kurze
 Kabelverbindungen wollte, gingen diese Telefonkabel von
 Europa nach Amerika über Neufundland, das ist kanadisches
 Territorium. Heute kann man die optischen Glasfaserkabel so
 legen wie man will, und das tut man auch. Hier muss man
 nicht mehr bei irgendwelchen Zwischenstationen aus dem
 Wasser gehen. Damit reduziert sich das Auflanden auf die
 Endpunkte mit der Kommunikation. Ein abhörwilliger Staat
 kann also örtlich nur dort zugreifen und er braucht die
 gesetzliche Möglichkeit, den heute meist privaten Besitzer
 der Kabel zur Duldung des Abhörens zu zwingen. Denn die
 Zeiten, als die Post noch dem Staat gehört hat, sind vorbei.
 
 Bei Telefon und Fax gab es bis vor kurzem eine
 Hierarchisierung der Kommunikationsvermittlung: Das
 Ortsgespräch blieb in der Ortsvermittlungsstelle, das
 Regionalgespräch in der Regionalvermittlungsstelle und
 zwischen den großen Städten gab es Direktverbindungen.
 Die Kommunikationsverbindung spielte sich also im näheren
 Umfeld ab und war nur für das Abhören durch den eigenen
 Staat zugänglich. Seit der Privatisierung der
 Kommunikationsnetze hat sich das etwas geändert. Bei den
 Privaten geht ein Teil je nach Netzverfügbarkeit über das
 Ausland, aber nicht unbedingt über England oder Amerika.
 Es kann schon mal passieren, dass ein deutsches
 Inlandsgespräch über Italien läuft.
 
 Beim Internet ging fast jede Kommunikation von einem
 Provider in Deutschland zu einem anderen Provider in
 Deutschland über Switches, die in Amerika saßen. Das war
 vor fünf bis sechs Jahren noch so. Der Austausch von einem
 Netz in ein anderes Netz wurde über Amerika organisiert.
 Das Ganze lief über die beiden großen Leitungen des
 Wissenschaftsnetzes. Wenn man sich dort an die zwei
 Switches gesetzt hat, hatte man einen Großteil der
 europäischen beziehungsweise deutschen
 Internetkommunikation soweit sie zwischen zwei
 unterschiedlichen Providern stattfand.
 
 
 
 Inzwischen hat sich jedoch beim Internet-Routing vieles
 geändert.
 
 Gerhard Schmid: Mit der Kommerzialisierung des Netzes
 versuchten die Provider alles in ihrem eigenen Netz zu
 halten. Wenn Sie aber als Kunde von T-Online einem
 anderen Kunden von AOL gemailt haben, waren die
 Übergabepunkte vor fünf bis sechs Jahren noch überwiegend
 in Amerika oder beim zweiten großen Switch in London.
 Damals konnten ECHELON-Staaten auf erhebliche Teile des
 E-Mail-Verkehrs zugreifen. Heute regionalisiert sich auch
 das. Der Switch für die deutsche Kommunikation sitzt in
 Frankfurt, das ist der De-CIX, über den mehr als 95 Prozent
 der E-Mails laufen. Wir haben aus verschiedenen
 Mitgliedstaaten mit Traceroute Versuche gemacht, um die
 Wege der Internetkommunikation herauszufinden. Es
 zeichnete sich dabei eines ab. Überall dort, wo sie nicht in
 kleinen Ländern wie Griechenland oder Luxemburg stattfand,
 wo noch viel über das Wissenschaftsbackbone und damit
 über Amerika geht, dort also, wo es schon stärker
 ausgebaute Netze gibt wie in Frankreich, Deutschland oder
 Italien, geht fast nichts mehr über den Atlantik. Das ist eins
 von den Beispielen, wie Sie herausfinden können, was die
 Dienste bekommen können, auch wenn sie einem nichts
 direkt sagen. Von außen läßt sich deduktiv schon einiges
 erschließen. Das gilt auch für die Abhörbarkeit von Handys.
 
 Lassen sich Handys per Satellit abhören?
 
 Gerhard Schmid: Das geht technisch nicht. Satelliten im
 Weltraum versuchen ja über ein möglichst großes Gebiet
 Funksignale einzusammeln. In Europa ist der Mobilfunk über
 Funkzellen, die jeweils 30 Kilometer weit reichen, organisiert.
 Das Ganze ist ungefähr in Gitternetze aufgeteilt. Die
 verschiedenen Gesprächskanäle werden über verschiedene
 Frequenzen abgewickelt. Wenn Sie sich an einem Ort
 einwählen, benutzt die Funkzelle eine bestimmte Frequenz.
 Die benachbarten Funkzellen benutzen jedoch andere
 Frequenzen. Nach einer gewissen Entfernung wiederholen
 sich jedoch wieder die benutzten Frequenzen. Bei einer
 Abstrahlung in den Weltraum mischen sich diese
 Frequenzen und Sie können sie nicht mehr einzeln
 auseinander halten.
 
 Die Sendestärken sind ein zweites Argument dagegen, dass
 man Handy-Kommunikation aus dem Weltraum abhören
 kann. Aus der Nähe können Sie natürlich ein Handy abhören,
 aber wir reden ja über die Möglichkeiten eines global
 organisierten Systems. Wenn ich in der Nähe eines
 Gebäudes bin und zum Rechtsbruch entschlossen bin, kann
 ich alles. Davon reden wir aber nicht, da dies Präsenz vor Ort
 voraussetzt. Global arbeiten heißt jedoch exterritorial
 arbeiten. Das geht aber mit Handys nicht. Anders ist dies
 natürlich bei den Koffersatellitentelefonen, die über Inmarsat
 laufen. Das sind die Satelliten, über die auch der gesamte
 Schiffsverkehr abgewickelt wird. Davon werden drei Zonen der
 Erde abgedeckt. Alles was Inmarsat ist, kann man natürlich
 abhören. Technisch ist dies sogar mit am einfachsten.
 
 Wie steht es mit der Abhörbarkeit einer Richtfunkstrecke?
 
 Gerhard Schmid: Seit der Entwicklung der Glasfasertechnik
 nimmt die Bedeutung der Richtfunkstrecken dramatisch ab.
 Sie erlaubten ohne größeren Aufwand größere Entfernungen
 zu überbrücken. Eine zeitlang waren die Richtfunkstrecken
 eine Backup-Struktur für das Kabel. Aber mit den
 Glasfaserkabeln ist die Bedeutung der Richtfunkstrecken
 dramatisch zurückgegangen. Abhören lassen sich die
 Richtfunkstrecken dann, wenn man sich direkt in die Achse
 der Strecke zwischen oder hinter der Empfangsantenne
 hineinstellt, denn der Funk wird gebündelt. Wenn man sich
 aber parallel zur Achse der Strecke stellt, muss man schon
 sehr nah daran sein, um abhören zu können. Da die Stasi
 dies eine zeitlang gemacht hat, konnte ich diese Aussage
 der Techniker auch gegenprüfen lassen. Demnach könnte
 man mit Hilfe eines geostationären Satelliten im Weltraum
 nur dann eine Richtfunkstrecke abhören, wenn er auf der
 Verlängerung der Strecke ins All sitzt. So ein Aufwand ist
 jedoch nur für militärische Richtfunkstrecken denkbar, über
 die zum Beispiel wesentliche Befehle für U-Boote oder
 Raketen übermittelt werden. Angeblich wurde dies aus
 diesen Gründen einmal mit einer Richtfunkstrecke in Sibirien
 gemacht, aber dies ist nicht sauber belegt. Für ein
 systematisches Abgreifen der normalen Kommunikation ist
 dies jedoch im Moment jenseits der technischen und
 finanziellen Möglichkeiten.
 
 Volltext
 http://www.heise.de/tp/deutsch/special/ech/7428/1.html
 
 
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 edited by Harkank
 published on: 2001-04-23
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